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26.06.2024 | Bau, Immobilien & Gebäudemanagement

Der Immobilienmarkt boomt seit Jahren und die kontinuierlich steigenden Preise machen die präzise Bewertung des Marktwertes einer Immobilie zu einer stark nachgefragten Dienstleistung. Um dabei höchste Qualität sicherzustellen, ist es ratsam, einen Sachverständigen für Immobilienbewertung hinzuzuziehen. Aber was genau zeichnet diesen Fachmann aus und wie geht er bei seiner Arbeit vor?

Sachverständiger Immobewertung Forum Verlag Herkert GmbH

Inhaltsverzeichnis

  1. Was macht ein Sachverständiger für Immobilienbewertung?
  2. Wer darf Gutachten für Immobilien erstellen?
  3. Was beinhaltet ein Gutachten zur Immobilienbewertung?
  4. Was kostet eine Immobilienbewertung durch einen Sachverständigen?
  5. Sachverständige Immobilienbewertung – wann beauftragen?

Was macht ein Sachverständiger für Immobilienbewertung?

Ein Sachverständiger für Immobilienbewertung ist ein Experte, der sein Fachwissen einsetzt, um objektive und fundierte Einschätzungen über den Wert von Immobilien zu liefern. Diese Bewertungen sind entscheidend für rechtliche, finanzielle oder Investitionsentscheidungen und dienen dazu, den Marktwert oder Verkehrswert einer Immobilie festzustellen. Dabei bildet das Baugesetzbuch die grundlegende Basis für seine Arbeit.

Wer darf ein Gutachten für Immobilien erstellen?

Der Begriff "Gutachter" oder "Sachverständiger" ist in Deutschland außerhalb der Bezeichnung "öffentlich bestellter und vereidigter" (ö. b. u. v.) nicht gesetzlich geschützt. Das bedeutet, dass grundsätzlich jeder sich als Sachverständiger oder Gutachter bezeichnen kann, solange er über spezielle Fachkenntnisse und Erfahrungen in einem bestimmten Gebiet verfügt, die über das Wissen eines Laien hinausgehen. Die Arbeit eines Sachverständigen beruht auf Fachkompetenz und Glaubwürdigkeit. Er muss dazu in der Lage sein, fundierte Einschätzungen über die Sachverhalte abzugeben und diese klar zu erklären.

Ein Sachverständiger für die Immobilienbewertung führt fachliche Beurteilungen durch, stellt Tatsachen sachkundig fest und gibt Erklärungen zu Geschehensabläufen ab. Obwohl seine Einschätzungen einen erheblichen Einfluss auf gerichtliche Entscheidungen haben können, ist er nicht für die rechtliche Würdigung dieser zuständig. Seine Aufgabe beschränkt sich darauf, Fachfragen zu beantworten und fachlichen Rat zu erteilen.

Sachverständiger Immobilienbewertung – verschiedene Arten

Sachverständige arbeiten in vielfältigen Bereichen und haben unterschiedliche Bezeichnungen und Qualifikationen. In Deutschland gab es 1996 etwa 40.000 Sachverständige, von denen 40 % öffentlich bestellt und vereidigt waren. Heute sind viele Sachverständige nach DIN EN ISO/IEC 17024 zertifiziert.

Zur Unterscheidung von Sachverständigen tragen neben ihrer Erwerbstätigkeit als selbständige (Freiberufler oder Gewerbetreibende) oder unselbständige (Angestellte oder Beamte) auch folgende Kriterien bei:

Art der Sachverständigen Beschreibung
freie Sachverständige
  • Unabhängige Sachverständige
  • Qualifikation sollte eigenständig dokumentiert und kenntlich dargestellt werden
  • Stempel sollte von der Gestaltung angepasst werden (Oval- und Rundstempel überdenken, kein Muster nutzen, welches einem Siegel ähnelt)
Verbandssachverständige
  • Qualifikation ist gegenüber eines (privatwirtschaftlichen) Berufs- bzw. Fachverbands nachgewiesen (Urkunde)
  • Fachverbände bieten Weiterbildungen an und sichern so die Qualität der Mitglieder ab
  • Nutzung eines Oval- Stempels üblich
öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige
  • Werden bestellt v. a. bei Gerichtsprozessen
  • Ernennung (Verwaltungsakt) durch eine Bestellungskörperschaft
  • Landesregierung ist verantwortlich für die öffentliche Bestellung und Vereidung von geeigneten Sachverständigen
  • Antrag auf Bestellung ist i. d. R. auf 5 Jahre befristet
  • Förmliche Eidleistung vom Sachverständigen schließt die Bestellung ab
  • Nutzung eines Rundstempels üblich
zertifizierte Sachverständige
  • Unterschied zwischen:

Produktzertifizierung
→ Produkt entspricht Anforderungen des Produktsicherheitsgesetzes (ProdSG)

Zertifizierung von Qualitätsmanagementsystemen (Bürozertifizierung)
→ Abläufe im Unternehmen werden standardisiert und Qualität weiterentwickelt

Zertifizierungsgrundlage ist:

DIN EN ISO 9000 (Festlegung von Terminologie),
9001 (legt Anforderungen fest),
9004 (Leitfaden und Anleitung zur Verbesserung der Leistung) und
9011 (Leitfaden für das interne und externe Auditieren von Qualitäts- und Umweltmanagementsystemen)

Personenzertifizierung
→ Sachverständige besitzen nach Erhalt der Zertifizierung die höchstmögliche und aktuellste Fachkompetenz
Zertifizierung wird durch anerkannte Organisationen (z. B. DEKRA) oder einer akkreditierten Zertifizierungsstelle nach DIN EN ISO/IEC 17024 durchgeführt

  • Nutzung eines Stempels mit Zertifizierungssiegel der Organisation
amtlich anerkannte Sachverständige
  • Sind Angestellte von staatlich beliehenen Organisationen, wie DEKRA und TÜV
  • Führen größtenteils periodische Sicherheitsprüfungen durch (Abgasuntersuchungen bei Kraftfahrzeugen, Prüfung von Aufzügen und medizinisch-technischen Geräten)
  • Können auch als selbständig tätige Einzelsachverständige mit zusätzlich amtlicher Anerkennung agieren
  • Nutzung eines Stempels mit Siegel der Organisation

 

Personenzertifizierung – DEKRA Stufen

Die DEKRA Certification GmbH bietet Personenzertifizierungen gemäß DEKRA-Richtlinien an. Zusätzlich führt sie Produktzertifizierungen, Zertifizierungen von Medizinprodukten und Zertifizierungen von Managementsystemen (z. B. nach DIN EN ISO 9001) durch.

Die Personenzertifizierung im Bereich der Immobilienbewertung ist dabei wie folgt aufgebaut: 

Stufe Beschreibung
0 (Basis) Immobilienbewerter
D1 Sachverständiger für Immobilienbewertung
für Standard Ein- und Zweifamilienhäuser
D1 Plus Sachverständiger für Immobilienbewertung
für Standard Ein- und Zweifamilienhäuser inkl. der Bewertung von Rechten und Lasten
D2 Sachverständiger für Immobilienbewertung
für Wohn- und einfache gewerbliche Objekte
D3 Sachverständiger für Immobilienbewertung für komplexe Wohn- und einfache gewerbliche Objekte

 

Es besteht zudem die Möglichkeit sog. Zertifizierungserweiterungen in bestimmte Bereichen durchzuführen, wie beispielsweise:

  • Zertifikatserweiterung für die Bewertung von Wohnungs- und Teileigentum
  • Zertifikatserweiterung für die Beleihungswertermittlung im Kleindarlehensbereich

Nach erfolgreichem Abschluss der schriftlichen Prüfung (bestehend aus einer Fachprüfung und der Erstellung eines Mustergutachtens) erhält der DEKRA-zertifizierte Sachverständige das Recht, das DEKRA-Siegel zu verwenden und es in Verbindung mit seiner Zertifizierungsstufe zu führen.

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Sachverständige Immobilienbewertung – das Gutachten

Ein Gutachten ist das fundierte (Wert-)Urteil eines Sachverständigen für die Immobilienbewertung, zu einer spezifischen Fragestellung (Auftrag). Im Kontext eines gerichtlichen Verfahrens wird dies als Beweisfrage bezeichnet. Die Methoden und Ansätze im Gutachten müssen dabei immer klar begründet sein.

Doch was beinhaltet ein Gutachten?

Es beinhaltet Erfahrungssätze und die Ableitung von Schlussfolgerungen aus den Fakten, die dem Sachverständigen vor der Erstellung des Gutachtens zur Verfügung gestellt wurden (Anknüpfungs- und Befundtatsachen).

Diese gesammelten Informationen müssen vom Sachverständigen zur Immobilienbewertung während eines Ortstermins auf Plausibilität überprüft und eindeutig kennzeichnet werden, wenn diese ausschließlich vom Auftraggeber stammen.

Vor der Erstellung eines Gutachtens zur Immobilienbewertung gibt es jedoch noch andere wichtige Fragen, die ein Sachverständiger berücksichtigen muss:

  • Fällt der Gutachtenauftrag in sein Fachgebiet? (v. a. wichtig beim ö. b. u. v. Sachverständiger)
  • Reicht die Sachkunde aus?
  • Sind beim gerichtlichen Gutachtenauftrag alle Unterlagen vollständig?
  • Reicht der Auslagenvorschuss für die Erstellung?
  • Ist der Zeitraum zur Erstellung ausreichend bemessen?
  • Wurde das Gericht informiert und der Antrag zur gerichtlichen Gutachtenerstellung genehmigt?

Sind diese Fragen beantwortet, kann folgende Gliederung angewandt werden:

  1. Allgemeine formale Angaben zu Beginn (z. B. Anschrift, Gutachtenbezeichnung und Nummer)
  2. Gutachtenzweck / Beweisfrage (beim Gerichtsgutachten)
  3. Lagebeschreibung
  4. Dokumentation der Tatsachen
  5. Bewertung / Schlussfolgerungen
  6. Zusammenfassung / Beantwortung der Fragen des Gerichts
  7. Formale Angaben zum Schluss (z. B. Stempel, Datum und Haftungs- und Urhebernachweis)
  8. Anlagen (z. B. Grundbuchnachweis und Skizzen)

Was kostet eine Immobilienbewertung durch einen Sachverständigen?

Seit 2009 sind die Kosten für Immobiliengutachten frei verhandelbar. Grund dafür ist, dass sie nicht mehr durch die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) geregelt werden. Im Streitfall vor Gericht werden Gebühren transparent durch das Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) bestimmt.

Die Kosten variieren je nach Art des Gutachtens und der Qualifikation – amtlich anerkannt, öffentlich bestellt etc. – des Gutachters. So sind beispielsweise Verkehrswertgutachten teurer als Kurzgutachten. Aber auch Faktoren wie der Umfang des Auftrages, Komplexität der Immobilie und die Preispolitik des Sachverständigten für Immobilienbewertung beeinflussen den Preis.

Sachverständige Immobilienbewertung – wann beauftragen?

Die Beauftragung eines Sachverständigen für Immobilienbewertung bringt viele Vorteile mit sich. Er verfügt über tiefgehendes Fachwissen, arbeitet unabhängig und bringt je nach Auftrag spezialisierte Qualifikationen mit. Ein solcher Experte kann eine verlässliche und hochwertige Bewertung von Immobilien gewährleisten. Dies ist besonders ratsam beim Kauf oder Verkauf von Immobilien, da eine präzise Marktwertermittlung mehr Sicherheit und Effizienz bei der Preisfindung darstellt.

Auch im Zusammenhang mit Erbschaften oder Scheidungen ist die Expertise eines Sachverständigen unverzichtbar. In solchen Fällen sorgt eine objektive Bewertung für Klarheit und Gerechtigkeit bei der Aufteilung des Vermögens. Zudem kann ein Gutachten auch beim Auftreten von Schäden und Mängeln an einer Immobilie von großer Bedeutung sein. Der Sachverständige für Immobilienbewertung dokumentiert und bewertet diese professionell, was bei etwaigen Versicherungsansprüchen oder Rechtsstreitigkeiten entscheidend sein kann.

Augsburg, 26.06.2024
Online-Redaktion AKADEMIE HERKERT

Quellen: „BMI - Qualitätsmanagement (bund.de)“, „JVEG 2021 - das neue JVEG“, „HOAI 2021: Volltext der aktuellen HOAI online auf HOAI.de“, „§ 36 GewO - Einzelnorm (gesetze-im-internet.de)“, „BauGB - nichtamtliches Inhaltsverzeichnis (gesetze-im-internet.de)

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